Lebensversicherung Geld zurück

Musterurteil gegen die Allianzversicherung

Fachanwälte Buck, Dr. Moewert & Uhrig erstreiten sensationelles Urteil
Allianz muss für vorzeitig gekündigte Lebensversicherungen über 6.100,00 € nachzahlen

Interview der Versicherungsopferanwältin Dr. Moewert

Frage: Frau Dr. Moewert, Sie haben einen Prozess gegen die Allianz Lebensversicherung AG geführt und die ausgezahlten Rückkaufswerte vorzeitig gekündigter Lebensversicherungen beanstandet. Laut aktuellem Urteil des Landgerichtes Ravensburg vom 17.01.2013 (AZ 1 O 150/12) muss der Versicherer insgesamt über 6.100,00 € nachzahlen. Seine Berufung hat der Versicherer zurückgenommen, nachdem das Oberlandesgericht Stuttgart am 08.05.2013 (AZ 7 U 22/13) mitgeteilt hatte, dass es den Stornoabzug nach bisherigem Vortrag für unangemessen hoch erachte. Hat sich die Allianz verrechnet? Was ist hieran sensationell?

Antw: Der Versicherer muss nicht wegen eines Rechenfehlers nachzahlen, sondern da er zu Unrecht Stornoabzüge von über 5.500,00 € einbehalten hatte.
Vorliegend ging es um Lebensversicherungen, die bereits vor 1994 abgeschlossen worden waren. Diese wurden bislang überwiegend als gerichtlich nicht überprüfbar angesehen. Hierzu sind deutschlandweit bereits viele verbraucherfeindliche Urteile ergangen. Die Sensation ist, dass wir das Landgericht Ravensburg und auch das Oberlandesgericht Stuttgart davon überzeugen konnten, das die bisherige Rechtsprechung unrichtig war. Die Allianz wurde nach unserem Kenntnisstand erstmals vom Gericht angehalten, für Altverträge die Höhe der einbehaltenden Stornoabzüge mitzuteilen. Danach wurde entschieden, dass diese unangemessen hoch waren und deshalb mit Zinsen zu erstatten sind.
Das Urteil ist auch deshalb sensationell, da wir noch aus anderen Gründen einen schweren Stand hatten. Wir hatten die Rückkaufswerte samt Stornoabzüge von zwei unabhängigen Stellen, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und dem Ombudsmann für Versicherungen, überprüfen lassen. Beide waren der Ansicht, dass die Werte nicht zu beanstanden wären. Dennoch wagten wir den Prozess und behaupteten uns gegen eine der größten Versicherungskanzleien Deutschlands mit fast 100 Rechtsanwälten in Köln, München, Frankfurt, Berlin, Karlsruhe.

Frage: Können auch andere aufgrund der Entscheidung Geld zurückverlangen?

Antw: Ja, die Entscheidung betrifft all diejenigen Lebensversicherungen, die vor 1994 abgeschlossen und vorzeitig gekündigt worden sind bzw. noch gekündigt werden. Außerdem haben wir die Hoffnung, dass die Lebensversicherungen nun auch in anderen Punkten, also nicht nur hinsichtlich des Stornoabzuges, von den Gerichten überprüft werden. Das Urteil dürfte also mehrere Millionen Menschen betreffen.

Frage: Was ist mit den Lebensversicherungen, die 1994 oder später abgeschlossen worden sind?

Antw: Für diese Lebensversicherungen hat der Bundesgerichtshof schon vor Jahren entschieden, dass zu Unrecht erhobene Stornoabzüge zu erstatten sind und dass der Rückkaufswert eine Mindestsumme nicht unterschreiten darf.

Frage: Was ist eigentlich ein Stornoabzug?

Antw: Wird eine Lebensversicherung vorzeitig gekündigt, kann der Versicherer unter bestimmten Voraussetzungen für seinen Aufwand einen Stornoabzug einbehalten. Das Brisante ist, dass der Einbehalt häufig zu Unrecht geschieht und dass die Versicherer so gut wie nie mitteilen, ob und wenn ja in welcher Höhe ein Einbehalt stattgefunden hat.

Frage: Wie ist das möglich?

Antw: Es ist einfach eine traurige Tatsache und Tatsache ist auch, dass die wenigsten Versicherungsnehmer dies überprüfen lassen.

Der Stornoabzug ist jedoch nur die Spitze des Eisberges.
Die Kostenstruktur von Lebensversicherungen ist äußerst undurchsichtig
und selbst für einen Versicherungsmathematiker kaum zu durchschauen.

Frage: Was meinen Sie damit?

Antw.: Manche Versicherungsnehmer sind fassungslos, wenn sie erfahren, was mit ihren Prämien geschieht. Ich habe schon Lebensversicherungen gesehen, in denen trotz 7-jähriger Prämienzahlung kein Cent Deckungskapital gebildet worden ist. Die Prämien wurden alle für verschiedene Gebühren, wie Abschluss-, Verwaltungs-, Ratenzahlungsgebühren etc., verbraucht. Es liegt auf der Hand, dass dies nicht Sinn und Zweck einer Lebensversicherung sein kann.

Frage: Was empfehlen Sie?

Antw.: Ich befürworte den Grundgedanken der Lebensversicherungen und halte sie für einen wichtigen Baustein der privaten Altersvorsorge. Es gibt durchaus sehr gute Lebensversicherer mit hohen Renditen. Aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit bin ich jedoch erstaunt, wie häufig Ungereimtheiten auftreten und wie unterschiedlich die einzelnen Lebensversicherer kalkulieren. Ich kann daher nur empfehlen, sich vor Abschluss einer Lebensversicherung umfassend über die Kosten beraten zu lassen und jede Auszahlungen durch einen Fachanwalt für Versicherungsrecht überprüfen zu lassen. Dies gilt nicht nur für vorzeitig gekündigte Verträge, sondern auch für regulär abgelaufene.

Frage: Kann man in Zukunft mit weiteren sensationellen Urteilen Ihrer Kanzlei rechnen?

Antw.:Durchaus, da ich sehr viele Versicherungsnehmer vertrete und mich als Versicherungsopferanwältin sehe. Derzeit setze ich mich in zahlreichen weiteren Prozessen für die Rechte der Versicherungsnehmer ein und erwarte demnächst das ein oder andere sensationelle Urteil, das Millionen Menschen finanziell helfen könnte.
In meinen Augen mangelt es in versicherungsrechtlichen Streitigkeiten häufig an der Waffengleichheit. Die am besten spezialisierten Anwälte stehen allzu oft auf Seiten der Versicherer, egal ob es um Lebens-, Berufsunfähigkeits-, Unfall-, Rechtschutzversicherungen oder andere geht. Als einzige Fachanwältin für Versicherungsrecht im Landkreis Heidenheim, die auch im Versicherungsrecht promoviert hat, ist es mir ein Anliegen, diese Waffengleichheit wieder herzustellen.

 

Dr. jur. T. Moewert
(Rechtsanwältin
Fachanwältin für Versicherungsrecht)

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