Verbraucher­insolvenz­verfahren

Nachfolgend finden Sie Informationen über die Voraussetzungen und den Verlauf eines Verbraucherinsolvenzverfahrens.

Bitte bringen Sie zur Erstberatung einen Beratungshilfeschein, Ihre Selbstbeteiligung in Höhe von 10,00 € in bar sowie sämtliche Gläubiger in einem Aktenordner geordnet mit. Sollten Sie keinen Beratungshilfeschein erhalten oder unsere Gebühren selbst übernehmen wollen, so können wir eine individuelle Gebührenvereinbarung treffen. Der Beratungshilfeschein umfasst nur die erste Stufe mit dem außergerichtlichen Einigungsversuch. Die zweite Stufe mit der gerichtlichen Schuldenbereinigung beginnt mit einem Antrag beim Insolvenzgericht.

Eine der wesentlichen Neuerungen im Insolvenzrecht ist das im Jahre 2001 eingeführte Verbraucherinsolvenzverfahren. Redlichen Schuldnern, die aus eigener Kraft wohl keine Schuldenfreiheit mehr erlangen könnten, wird die Gelegenheit gegeben, nach Ablauf einer sogenannten Wohlverhaltensperiode einen schuldenfreien neuen Anfang zu machen. Damit können Privathaushalte und Kleinunternehmer, die eine ähnliche Verschuldungsstruktur aufweisen wie ein Verbraucher, ihre Schuldenfreiheit wieder erlangen. Im Folgenden informieren wir Sie über das Verbraucherinsolvenzverfahren:

Wozu dient das Verfahren?

Normalerweise bleibt der Schuldner mit einer Forderung dem Gläubiger 30 Jahre lang zur Leistung verpflichtet.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren, das in den Paragraphen 304 ff. der Insolvenzordnung (InsO) geregelt ist, ermöglicht redlichen Schuldnern einen Weg in die Schuldenfreiheit.

Anwendungsbereich

Die Insolvenzordnung differenziert zwischen Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren.

Der Schuldner hat hierbei keine Wahlmöglichkeit.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren gilt für:
  • alle überschuldeten Privathaushalte
  • ehemals Selbständige, soweit diese nicht mehr als 19 Gläubiger haben, und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen gegen sie gerichtet sind (§ 304 Absatz 2 Insolvenzordnung)

Zu den Forderungen aus Arbeitsverhältnissen zählen auch Forderungen der Finanzämter und Sozialversicherungsträger.

Alle anderen Schuldner müssen das Regelinsolvenzverfahren beantragen.

Ablauf des Verfahrens

Das Verbraucherinsolvenzverfahren gliedert sich in drei Stufen:

  • Stufe 1: der außergerichtliche Einigungsversuch vor Eröffnung des Gerichtsverfahrens
  • Stufe 2: das Schuldenbereinigungsverfahren mit gerichtlicher Hilfe auf Grundlage eines Schuldenbereinigungsplanes
  • Stufe 3: das vereinfachte Verbraucherinsolvenzverfahren, gegebenenfalls mit Restschuldbefreiung
Insolvenzgrund

Egal in welcher Stufe sich der Schuldner befindet, es muss in der Person des Schuldners ein Insolvenzgrund vorliegen. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist oder sich für die nächste Zeit eine Zahlungsunfähigkeit abzeichnet (drohende Zahlungsunfähigkeit).

Stufe 1: Außergerichtlicher Einigungsversuch

Der Schuldner muss zunächst versuchen, sich aufgrund eines Schuldenbereinigungsplans außergerichtlich mit seinen Gläubigern zu einigen. Im Falle eines Scheiterns des Einigungsversuchs hat eine geeignete Person, wie ein Rechtsanwalt (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO), die nötige Bescheinigung über den gescheiterten Einigungsversuch auszustellen, die dann einem Insolvenzantrag beizufügen ist. Bleibt der Einigungsversuch erfolglos, kann bei Gericht ein Insolvenzantrag gestellt werden.

Stufe 2: Gerichtliche Schuldenbereinigung

Stufe 2: Gerichtliche Schuldenbereinigung

Mit dem Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens beim Gericht beginnt die gerichtliche Schuldenbereinigung. Der Schuldner muss mit seinem Antrag folgende Unterlagen und Erklärungen vorlegen:

Den Antrag bereiten wir für Sie vor und füllen ihn gemeinsam mit Ihnen aus.

Dieser Schuldenbereinigungsplan beruht meist auf den Ergebnissen des außergerichtlichen Vergleichsversuchs, kann aber auch neu gestaltet werden. Den Inhalt handeln ebenfalls die Parteien aus. Er soll zu einem Interessenausgleich zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern führen.

Wichtig:
Für eine Stellungnahme zum Schuldenbereinigungsplan und die Prüfung und gegebenenfalls Ergänzung des Forderungsverzeichnisses haben die Gläubiger einen Monat lang Zeit (§ 307 Absatz 1 InsO). Forderungen, die hier übersehen werden, verfallen, wenn der Plan angenommen wird. Dies gilt grundsätzlich, wenn sich ein Gläubiger gar nicht geäußert hat. Das Insolvenzgericht geht in diesem Fall von einer Zustimmung aus (§ 307 Absatz 2 InsO). Einzige Ausnahme: Der Gläubiger ist im Verzeichnis nicht aufgeführt, wurde vergessen oder gar verschwiegen. Dann bleiben seine Ansprüche im vollen Umfang erhalten (§ 308 Absatz 3 Satz 1 InsO). Ist keine Einigung möglich, entscheidet das Gericht über die Eröffnung des eigentlichen Verbraucherinsolvenzverfahrens, die dritte Stufe.

Stufe 3: Vereinfachtes Insolvenzverfahren

Ist der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan gescheitert, wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Sodann bestellt das Gericht einen sogenannten Treuhänder. Der Treuhänder ist eine neutrale Person, welche auch vom Schuldner vorgeschlagen werden kann. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Schuldnervermögen auf den Treuhänder über. Hierzu zählen zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung pfändbare Forderungen sowie das Vermögen, das der Schuldner während des laufenden Verfahrens erlangt, beispielsweise Zahlungen von Schuldnern, sowie der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens.

Restschuldbefreiung

Mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung kann der Schuldner erreichen, dass ihm das Insolvenzgericht seine noch bestehenden Schulden erlässt - natürlich erst nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode. Dem Antrag ist die Erklärung beizufügen, dass der Schuldner den pfändbaren Teil seiner Einkünfte für die Zeit von sechs Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Treuhänder abtritt. Schließlich darf kein Versagungsgrund für eine Restschuldbefreiung gegeben sein.

Ausschlussgründe

Ein Ausschlussgrund für die Restschuldbefreiung liegt vor, wenn:

  • der Schuldner wegen einer Konkursstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist (§ 290 Absatz 1 Nr. 1 InsO), es sei denn die Verurteilung ist so lange her, dass sie schon wieder aus dem Bundeszentralregister gelöscht wurde
  • dem Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits Restschuldbefreiung erteilt oder versagt worden ist (§ 290 Absatz 1 Nr. 3 InsO)
  • der Schuldner im Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unangemessene Schulden gemacht oder Vermögen verschwendet hat (§ 290 Absatz 1 Nr. 4 InsO)
  • der Schuldner während des Verfahrens Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat (§ 290 Absatz 1 Nr. 5 InsO)
  • der Schuldner bei Anfertigung der Verzeichnisse über Gläubiger, gegen ihn gerichtete Forderungen, Vermögen und Einkommen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat (§ 290 Absatz 1 Nr. 6 InsO). Dies gilt auch dann, wenn ein Dritter diese Angaben mit Wissen und Billigung des Schuldners gemacht hat (Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 11.09.2003, Aktenzeichen: IX ZB 37/03). Es kommt nicht darauf an, ob durch die falschen oder unvollständigen Angaben die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wurde (Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 23.07.2004, Aktenzeichen: IX ZB 174/03).

Liegen keine Versagungsgründe vor, hat es der Schuldner grundsätzlich selbst in der Hand, einen wirtschaftlichen Neuanfang zu schaffen, wenn er in der sogenannten Wohlverhaltensperiode seine Verpflichtungen erfüllt.

Um dem Schuldner einen Anreiz zu schaffen, in der sechsjährigen Wohlverhaltensperiode den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen, sieht die Insolvenzordnung einen steigenden Selbstbehalt des Schuldners vor. Das heißt, je länger er mitarbeitet, desto mehr darf er von seinem pfändbaren Gehalt für sich behalten. Im fünften Jahr der Wohlverhaltensperiode sind das immerhin 10 Prozent des pfändbaren Teils seiner Bezüge, im sechsten 15 Prozent (§ 292 Absatz 1 Satz 4 InsO).

Tut der Schuldner jedoch nicht alles, um in diesen sechs Jahren seine Mitwirkungspflichten zu erfüllen, hat der Gläubiger weitere Chancen, die Restschuldbefreiung zu verhindern.

Schuldenerlass

Nach Ablauf der sechsjährigen Wohlverhaltensperiode erlässt das zuständige Insolvenzgericht die bestehenden Schulden durch Beschluss, falls der Schuldner sich redlich verhalten hat. Er wird somit von allen Forderungen befreit, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen ihn bestanden haben (§ 301 InsO). Ausgenommen sind lediglich Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen, soweit diese zur Tabelle angemeldet wurden, und Geldstrafen, Geldbußen sowie Zwangs- und Ordnungsgelder (§ 302 InsO).

Der Ablauf der Wohlverhaltensperiode ist zwingend, selbst dann, wenn mangels Forderungsanmeldung, kein Insolvenzgläubiger vorhanden ist, weil der Gläubiger dies vergessen hat.

Kosten

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist kostenpflichtig. Nach den Paragrafen 4a ff. der Insolvenzordnung (InsO) gilt das auch für Schuldner, die weder im Stande sind, die Verfahrenskosten aufzubringen, noch Geld an ihre Gläubiger zu zahlen. Nach dem Stundungsmodell werden ihnen die Verfahrenskosten auf Antrag jedoch bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung ganz oder teilweise gestundet.